Interview: Kristina Albrecht
Fotos: Kai Schenke
Seit 2012 gibt es PoletastiX, eines der ersten Pole Studios in Düsseldorf. Gemeinsam geführt wird es von Jen (35) und Jasmine (33). Die beiden Mütter von jeweils zwei Kindern lieben und leben Pole und geben ihre Begeisterung für diesen Sport an ihre Schüler weiter. Wir wollten von den beiden wissen, wie ihr Weg aussah und wie sie dahin gekommen sind, wo sie jetzt sind.
Habt ihr vor eurem Werdegang an der Pole schon getanzt, einen anderen Sport betrieben – oder seid ihr etwa vorher gar nicht sportinteressiert gewesen?
Jen: Ich war immer schon ein sehr sportbegeisterter Mensch. Als junges Mädchen tanzte ich im Turn- und Tanzverein. Anschließend war das Leistungsschwimmen ein sehr wichtiger Teil in meinem Leben, auf den ich stolz und glücklich zurückblicke. Dank diesem harten Training in einem tollen Verein mit motivierenden Trainern hatte ich eine unvergessliche Schwimmzeit. Das Highlight für mich in dieser Zeit war die Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften. Nach einem umzugsbedingten Vereinswechsel verlor ich leider die Lust am Schwimmen. Ganz ohne Sport ging es aber nicht. Ich ging joggen, machte Kraft- und Muskelaufbau, besuchte Fitnesskurse und machte eigenständige Fitnessübungen. Nach meiner Familienplanung habe ich Pole Dance als Sport und Ausgleich im Alltag für mich entdeckt. Meine Kraft in Rücken und Schultern durch das Schwimmen waren hier sehr von Vorteil. Dann folgten regelmäßige Trainings gemeinsam mit Jasmine. Jasmine lernte ich übrigens während unserer Berufsausbildung kennen. Sie kommt ursprünglich aus dem Showtanz und hatte eine eigene Showtanzgruppe.
Jasmine: Oh ja, ich erinnere mich noch genau an mein erstes Training an der Pole. Anschließend fuhr ich voller Adrenalin und Glücksgefühlen nach Hause und wollte nichts anderes mehr machen. Ich hätte damals niemals gedacht, dass es einen schöneren Sport als Showtanz geben würde. Ich wurde eines Besseren belehrt ;-)
Jasmine & Jen in ihrem Studio in Düsseldorf
Und die Begeisterung für Pole Dance ist ja sehr offensichtlich geblieben. Wie lange tanzt ihr jetzt schon genau?
Jen: Ich habe Ende 2008 mit dem Pole Sport angefangen, Jasmine kurz nach mir. Damals haben wir noch ein- bis zweimal wöchentlich bei mir im Wohnzimmer trainiert. Nach Jasmines zweiter Schwangerschaft verlagerten wir unser Training auch zu ihr ins Wohnzimmer und aus zwei Trainingseinheiten in der Woche wurden vier.
Warum Pole Dance? Was macht für euch den Reiz dieser Sportart aus?
Jen: Ich suchte nach einem Sport zum Ausgleich zum Alltag zwischen Muttersein und Job. Die Pole zu Hause machte es mir möglich, Sport und Familie miteinander zu vereinbaren, mal abzuschalten und mich nach den zwei Schwangerschaften wieder fit zu machen.
Jasmine: Pole Dance entführt mich jedes Mal in eine andere Welt. Man vergisst alles um sich herum und das gibt mir viel Power. Für mich ist Pole Dance Kunst. Jeder Tänzer, jede Tänzerin kann sich durch Pole Dance ausdrücken. Man kann so viele Emotionen transportieren. Bei keiner anderen Sportart wird Tanz, Akrobatik, Eleganz, Körperspannung, Kraft, Flexibilität und Ausdauer so miteinander verbunden wie bei Pole Dance und Pole Fitness.
2012 habt ihr dann euer Studio in Düsseldorf eröffnet. Seid ihr beide hauptberuflich Pole Dance Trainer oder geht ihr noch einer anderen Beschäftigung nach?
Jen: Ich bin hauptberuflich im Büro tätig und nebenberuflich Pole Trainerin.
Jasmine: Ich habe das große Glück und mache es hauptberuflich. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Ich habe den besten Beruf auf Erden ;-)
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, selbst zu unterrichten?
Jen: Jasmine und ich haben anfänglich ganz stolz Videos von uns an der Pole bei YouTube hochgeladen. Irgendwann schrieben uns Frauen an, ob wir das auch unterrichten würden. Und so kam uns die Idee, uns damit selbstständig zu machen. Nach der Ausbildung bei Vertical Dance gründeten wir PoletastiX.
Was bietet ihr in eurem Studio an? Wie sehen eure Kursformate aus?
Jasmine: Das Angebot ist vielseitig, wir bieten zum Beispiel Pole Fitness, Pole Technik, Choreo und Express Yourself (Exotic) Kurse an. Eine Kursrunde beinhaltet sechs Trainingseinheiten. Außerhalb der Kurszeiten kann man natürlich auch ein Personaltraining oder einen Freundinnenkurs bei uns buchen. Workshops und Ladiesnight bieten wir ebenfalls an. Durch die kleine Gruppenstärke ist alles sehr persönlich und als Trainerinnen können wir individuell auf einzelne Stärken und Schwächen an der Pole eingehen.
Jen: Als wir vor fast zehn Jahren mit Pole Dance angefangen haben, gab es nur wenige Studios und diese waren natürlich auch gut besucht. So haben wir überlegt, PoletastiX ein wenig anders aufzubauen: kleine Gruppen bei denen man im familiären Umfeld schnell, effektiv und sicher lernt und sich dabei auch wohlfühlt.
Jen führt PoletastiX neben ihrem Job im Büro
Gibt es Pläne für die Zukunft? Wollt ihr euch noch vergrößern?
Jasmine: Natürlich haben wir schon darüber nachgedacht, ein größeres Studio zu mieten oder gar eine Zweigstelle zu eröffnen. Aber letztendlich sind wir dankbar, glücklich und zufrieden so wie es ist. Wir genießen jede Unterrichtsstunde, lieben unser Studio und sind stolz auf unsere Schülerinnen.
Wie oft in der Woche trainiert ihr selbst eigentlich noch?
Jasmine: Puh, das ist in der Tat sehr unterschiedlich. Ich unterrichte fünfmal in der Woche, dazu kommt die damit verbundene Büroarbeit, meine Familie und der Haushalt. Ich trainiere viel zu Hause oder auch im Freien. Wichtig ist mir, dass mein Training ausgewogen ist und variiert. Also an einem Tag stretche ich intensiv, am Folgetag liegt mein Augenmerk auf Kraft-/Kraftausdauertraining und dann übe ich das Tanzen und erarbeite Transitions.
Woher nehmt ihr eure Inspiration bei zum Beispiel Choreografien?
Jasmine: In der ersten Linie aus dem Alltag. Bei Choreografien zählt für mich das Gefühl und die Songauswahl. Wenn diese beiden Komponenten stimmen, bin ich sehr kreativ. Außerdem liebe ich Instagram. Es gibt so viele tolle, talentierte Pole Dancer auf dieser Welt, die mich jeden Tag aufs Neue inspirieren.
Was ist das Wichtigste für ein sicheres Training?
Jasmine: Sowohl die Vorbereitung, also das Warm-up, als auch ein qualifizierter Pole Dance Trainer sind maßgebliche Bestandteile für ein verletzungsfreies und effektives Training. Darunter gehört auch die richtige Einschätzung des eigenen Körpers und des Könnens. Hier ist es natürlich auch die Aufgabe des Trainers, die Teilnehmerin einzuordnen und sicher durchs Training zu führen. Wenn man mit dem Sport beginnt, ist es unabdingbar mit einem Beginner Kurs zu starten. Als Grundlagen sollten die Basics zuerst sicher und korrekt ausgeführt werden, dann kann man die nächsten Schritte gehen. Das "Spotten" ist auch ein großes Thema. Gerade die ersten Kopf-über-Figuren sollten definitiv in einem Pole Dance Studio erfolgen und nicht in Eigenregie zu Hause.
Jasmine war früher Showtänzerin
Was würdet ihr Anfängern raten, ich meine, was sind die Voraussetzungen für einen guten Start beim Thema Pole? Wie sollte man am besten vorgehen?
Jasmine: Also das Wichtigste vorab: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und wir haben alle mal klein angefangen. Jeder Profi hat in der Vergangenheit einen Fireman Spin gelernt und diesen höchstwahrscheinlich nicht so perfekt gemacht, wie er es heute tun würde. Man sollte sich kleine Ziele setzen und sich nicht mit anderen vergleichen, sondern stets den Fokus auf sich und seine Leistung legen. Die Basics und ersten Kopf-über-Figuren sollten, wie schon erwähnt, unbedingt in einem guten Studio erlernt werden. Die richtige Technik ist sehr wichtig. Aber eine Kombination aus einem Training im Studio und dem Üben zu Hause in Eigenregie finde ich sehr gut. Besonders hilfreich ist es dann auch, sich dabei zu filmen und im Anschluss zu analysieren.
Wie findet man seinen eigenen Stil beim Pole Dance?
Jen: Mit Geduld. Der Sport ist so facettenreich, dass sich erst im Laufe der Zeit die Leidenschaft für eine bestimmte Richtung herauskristallisiert.
Wie hat sich Pole Dance in den letzten Jahren entwickelt?
Jasmine: Noch vor zehn Jahren war Pole Dance als Sportart kaum bekannt und viele Menschen hatten Vorurteile. Durch die wachsende Aufmerksamkeit in den Medien haben viele inzwischen verstanden, dass Frauen Pole Dance als eine sportliche oder künstlerische Herausforderung für sich selbst betreiben. Wir sind glücklich darüber und sehr stolz auf diese Entwicklung.
Mehr Interviews und Stories findest du hier sowie in der gedruckten Ausgabe des Pole Art Magazine.