Katharina Timber: Warum ich einen Poledance-Roman geschrieben habe

Okay, ich gebe es gleich am Anfang zu: Ursprünglich wollte ich gar keinen Poledance-Roman schreiben. Was ich wollte, war schreiben - und mir war relativ egal, welches Thema und sogar welches Genre ich wählen würde, denn es gibt so viele unendlich tolle Geschichten zu erzählen. Meine damalige Agentin riet mir zu »moderner Unterhaltungsliteratur für Frauen« - oder »ChickLit«, wie man die Gattung im Fachjargon gern nennt.

Nachdem ich ein paar Tage mit dem Gedanken herumgespielt hatte, fand ich zunehmend Gefallen an der Idee: Ein unterhaltsamer Roman, den man abends gemütlich auf der Couch sitzend bei einem guten Wein genießen kann, und mit dessen Figuren man sich zumindest ein Stück weit identifizieren darf.

Als Erstes musste also eine sympathische Protagonistin her und die fand ich in Doro, einer liebenswerten, wenn auch etwas naiven Werbegrafikerin Ende 20. Sie lebt in einer kleinen Wohnung mitten in Frankfurt, hätte gern eine Katze und trinkt manchmal ein Glas Rotwein zu viel.

Ich hoffe, meine Leser werden sie ebenso mögen wie ich! Mit Doro und ihrem Exfreund Daniel hatte ich nun zwar schon mal zwei interessante Figuren - mit Poledance hatte das aber noch nichts zu tun. Dabei dreht sich in meinem Roman eigentlich alles um die Stange! Und das kam so:

Ich wollte eine Geschichte erzählen von einer Frau, die sich verändert. Die über sich hinauswächst. Die den Mut findet, einen eigenen Weg zu gehen. Denn Doro mag zwar von Anfang an eine echt nette junge Frau sein, aber in manchen Situationen möchte man sie gern packen und ein wenig durchschütteln: Etwa wenn ihre Chefin ihr Fehler unterstellt, die sie nicht begangen hat. Oder wenn ihr Kollege, der Frauenheld Robert, mit seinen Avancen eindeutig zu weit geht. Und ganz besonders wenn sie ihrem Ex-Freund Daniel hinterrennt, der ganz offensichtlich kein Interesse mehr an ihr hat.

Damit Doro es zu mehr Selbstbewusstsein schafft, brauchte es einen Anreiz von außen. Diesen fand ich in Poledance. Ich habe selbst schon immer gern getanzt und sowohl an mir selbst als auch an Freundinnen festgestellt, wie sehr einen dieses Hobby verändern kann. Zum positiven natürlich! Die klassischen Sachen wie Standard oder Latein fielen natürlich von vornherein weg, schließlich war a) Doro solo und b) wollte ich ja, dass sie sich nicht weiter über einen Mann definierte, sondern aus sich selbst heraus. Poledance erschien mir wie geschaffen dafür, diesen Umbruch in Doro zu bewirken. Ich habe selbst einige Unterrichtsstunden genommen und mit vielen Frauen darüber gesprochen, welche Veränderungen sie an sich feststellen konnten. Dabei waren die Aussagen sich sehr ähnlich: Fast alle Tänzerinnen, egal welchen Alters und gleich, wie »erfolgreich« sie ihren Sport ausübten, gaben an, durch das Training mehr Selbstvertrauen gewonnen zu haben. Kein Wunder - wenn man selbst einmal versucht hat, die Stange auch nur hinaufzuklettern, weiß man, wie herausfordernd und kräftezehrend Poledance ist. Von den coolen Tricks, die man im Fernsehen sieht, ganz zu schweigen! Wie groß ist dann der Stolz, wenn man eine Bewegung letztlich doch meistert! Eine solche Hürde zu überwinden, etwas zu bewältigen, von dem man nie geglaubt hätte, das es einem gelingt, das schafft schon eine Menge Vertrauen in das eigene Können. Und wenn man einen Gemini oder eine Ballerina managt - dann schafft man es doch bestimmt auch, sich dem Chef gegenüber zu behaupten, oder?

Viele Frauen haben auch betont, dass sie durch Poledance ein besseres Gefühl für ihren eigenen Körper entwickeln konnten. Auch Doro entdeckt in meinem Buch ihre Sinnlichkeit wieder. Ich weiß, dass nicht alle in der Poleszene die erotische Komponente des Tanzes schätzen, viele schließen sie auch aus und legen mehr Wert auf den akrobatisch-sportlichen Aspekt, was natürlich völlig legitim ist. Ich persönlich finde es schade, die erotische Komponente aus welchem Tanz auch immer auszuschließen und für meine Protagonistin wird es eine wichtige Erfahrung sein, sich mehr mit ihrem Körper und ihren Reizen zu beschäftigen. Immerhin ist sie zu Anfang des Romans eher verhuscht, wenn es um Sex geht.

Ein drittes Element, das ich unbedingt in meinen Roman einbauen wollte, ist die Gemeinschaft, die oft innerhalb eines Kurses entsteht. In einer Welt, in der Frauen doch recht häufig eher negative Erfahrungen mit ihren Geschlechtsgenossinnen machen, macht es Mut zu sehen, wie aus Trainingskolleginnen echte Freundinnen werden, die füreinander einstehen. Auch für Doro werden die Frauen in ihrem Kurs zu einer wichtigen Stütze - und mehr noch: Sie selbst darf erfahren, wie gut es sich anfühlt, selbst für andere da zu sein.

Wie genau sie das macht und was Doro sonst noch alles widerfährt, könnt ihr in meinem Roman nachlesen. Vielleicht habt Ihr ja auch Lust, mir zu schreiben, ob eure Erfahrungen sich mit meinen Eindrücken decken?

Eure Katharina Timber

katharina.timber@web.de
www.facebook.com/KatharinaTimber


Katharina Timbers Roman "Hühner an der Stange" ist im Verlag Droemer Knaur erschienen und als Taschenbuch sowie eBook erhältlich.

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